|
||||||||||||
Welch ein uriges, lustiges und beschwingt bis beschwipstes Erlebnis ist es, in einem alten bunten Holzwaggon gezogen von einem Feuerross durch die schöne Landschaft der Weststeiermark zu schunkeln, in der einen Hand den Fotoapparat, in der anderen immer ein gut gefülltes Glasl, je nach Lust und Laune gefüllt mit Schilcher oder einem Chardonay oder Weißburgunder. Dazu ein Zucknspieler (hochdt. Zieharmonika-Spieler), der von Waggon zu Waggon wandert und die fröhliche Gästeschar mit ländlichen Klängen bereichert. Das lässt sich regelmäßig im Stainzer Flascherlzug erleben, einem von der Stadtgemeinde Stainz vermarkteten schmalspurigen Zug, der saisonal an einigen Tagen pro Woche zwischen Stainz und Preding-Wieselsdorf an der Wieserbahn der GKB verkehrt.
Partie des Flascherlzugs auf der Fahrt nach Preding-Wieselsdorf Ursprünglich wurde die in bosnischer Spurweite (760 mm) errichtete und 1892 eröffnete 11,3 km lange Lokalbahn Preding-Wieselsdorf - Stainz (auch Stainzerbahn) meist im gemischten Personen- und Güterverkehr befahren, wobei sich die Strecke nie so richtig profitabel entwickelte. Erstmals erfolgte die Einstellung der Strecke bereits 1932, nachdem ein wichtiger Frachtkunde wegfiel und eine Autobuslinie im Direktverkehr zwischen Stainz und Graz der Bahn Konkurrenz machte. Nachdem in den 1930er und 1940er Jahren zuerst wieder Güterverkehr und dann auch wieder Personenverkehr stattfand, wurde der planmäßige Personenverkehr 1951 endgültig eingestellt, der Güterverkehr noch bis 1980 weitergeführt, wo auch die Konzession für die Strecke erlosch und nicht verlängert wurde.
Betreiber der Stainzer Bahn waren vorerst die Südbahngesellschaft bis 1922 und danach die Steiermärkischen Landesbahnen, die Betreiber des touristischen Flascherlzuges ist die Stadtgemeinde Stainz, die den Zug nach dem Veranstaltungsgesetz und nicht nach dem Eisenbahngesetz führt. Der Flascherlzug: Auch wenn die Steiermark u.a. bekannt ist für gute und süffige Weine und der Zug auch einen Waggon namens Schilcherschaukel mitführt, so hat der Name nichts mit Wein oder Alkohol zu tun. Sondern der Name leitet sich davon ab, dass der Zug damals in der guten alten Zeit stark von Fahrgästen frequentiert war, die mit ihren Urinflascherln zu einem Wunderdoktor namens Höllerhansl (eigentlich Johann Reinbacher, 1866-1935) nach Stainz fuhren, der durch Beschau der Urinflascherl dann entsprechende Tees verschrieb (daher auch das Wortspiel für diesen Zug "Tee-Zug" in Analogie zum D-Zug auf der Vollbahn). Diesen alten Begriff vom Flascherlzug aus den 1920er Jahren griffen die Touristiker auf, als sie ab 1971 vorerst einzelne touristische Fahrten durchführten, die dann über die Jahre zu einer fixen Einrichtung wurden und heute präsentiert sich der Flascherlzug als einer der potentesten touristischen Leitbetriebe im Westen der Steiermark.
Die Stationen:
Das größte Manko des Flascherlzuges gleich vorweg: Die Erreichbarkeit von Stainz, wo der Flascherlzug beginnt, ab Graz ist am Wochenende mit Öffis eine einzige Katastrophe, die Stadt ist de facto mit Öffis gar nicht erreichbar!! Für eine Tourismusgegend ein NO GO und das sollte ehest behoben werden! Oder man führt den Flascherlzug immer ab Preding-Wieselsdorf und nicht ab Stainz, denn Preding-W. ist auch am Wochenende durch die Wieserbahn stündlich angebunden.
Bei meinem Besuch am 8. August 2017 wurde am Bahnhofsgelände fleissig gewerkt
Der prächtige unter Denkmalschutz stehende Bahnhof von Stainz - dort fühlt man sich wohl und Blumen überall heißen den Gast willkommen. Das war früher auch auf Bahnhöf der Staatsbahn ÖBB so üblich, aber das ist leider leider lange lange her.... Hausbahnsteig ist der Flascherlzug bereitgestellt, noch ohne Lok. Der grüne Wagen ist der Generatorwagen, der den Zug mit ausreichend Strom versorgt, die Lok schafft das nicht alleine
Blick in die Remise, links ein Schneepflug, rechts eine aus Rumänien stammende Diesellok vom Typ FAUR L45H
Eine Diesellok Orenstein & Koppel, dahinter die für den Flascherlzug an diesem Tag vorgesehene Dampflok rumänischer Herkunft, die 1986 bei Reghin gebaute 764.411R, ein Nachbau der ungarischen MÁVAG-Typ 70
Letzte Vorbereitungen vor dem Rangieren auf Gleis 1
Am Stainzer Bahnhof gibt es auch seit 1990 eine Feldbahnanlage. Auch ein "Postkastl" hat sich hierher verirrt, die ehem. ÖBB Draisine war früher im Bf Schladming beheimatet.
Echte Kuriositäten
Normalspuriger Güterwagen aufgebockt auf schmalspurigen "Rollschemel"
Wäre sicher eine feine Sache diese Feldbahnanlage in Betrieb zu nehmen....
Im Bahnhof Stainz gibt es ein kleines Eisenbahnmuseum mit Bezug zur Stainzerbahn
Es wird ernst - die ehem. rumänische Waldbahnlok beim Umsetzen auf Gleis 1
Umsetzen in Stainz
Und angekuppelt an den an diesem Tag recht langen Flascherlzug
Abfahrtsbereit - nach Lok und grünem Generatorwagen folgt der grüne dreiachsige Kinderspielwagen, dann die Zweiachser rot "Bergliesl" (nach der für den Höllerhansl tätigen Kräutersammlerin Elisabeth Strametz), gelb "Kräuterwagerl", grün "Höllerhansl", blau "Schilcherschaukel", daran aufgrund des großen Andrangs noch angehängt 3 Vierachser, rot "Erzherzog Johann", grün "Ölspurwagen" sowie ein "namenloser" grüner Vierachser am Zugschluß
Gemütlich ist es im Ölspurwagen, wo ich Platz nahm. Für den Winter gibt es auch einen Holz- und Kohleofen. Erinnerte mich spotan an den "Rasenden Roland" auf Rügen
Sorgte für gute Stimmung im Zug, der Steirische Lederhosen-Django mit seiner Zuckn
Abfahrt Stainz mit Steirischem Lederhosen-Django auf der Zuckn
Haltestellenhütterl Neudorf/Stainztal
In der Schilcherschaukel
Bravo Musi :-)
Zwischenhalt in Kraubath
Aufgspüd
Der Flascherlzug unter einer herrlichen Baumgruppe - Tische waren am Bahnsteig aufgebaut, man konnte was zum Essen sowie zum Trinken kaufen, sehr gut organisiert :-)
Kräuterwagerl und Bergliesl
Weiter geht es mit Volldampf dem Ziel Preding-Wieselsdorf entgegen (Volldampf heißt 30 km/h Höchstgeschwindigkeit)
Ehem. Einfahrtssignal auf die Wieserbahn bei der ehem. Haltestelle Wohlsdorf
Von Wohlsdorf bis Preding-Wieselsdorf gab es früher zeitweise ein Vierschienengleis, die Stainzerbahn fuhr auf dem Trassee der Wieserbahn
Umsetzen in Preding-Wieselsdorf
Abfahrt Preding-Wieselsdorf Fazit: Ein herrlicher Ausflug, den man nicht nur einmal sondern durchaus öfter machen kann. Bedauerlich einzig, dass die Verbindung am Wochenende von Graz nach Stainz eine Katastrophe ist, mit Öffis kann man de facto nicht anreisen!! Das gehört dringend geändert. Ansonsten ist diesem touristischem Highlight in der Weststeiermark für die Zukunft "Allzeit Freie Fahrt" zu wünschen und viele zufriedene Fahrgäste! Link: Zum Betreiber >>> DEEF Beitrag Wieserbahn >>>
Moderner GTW der Wieserbahn im Bahnhof Preding-Wieselsdorf
Bereit zur Rückfahrt nach Stainz im Bf Preding-Wieselsdorf Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info > redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org Bericht von: Dr. Michael Alexander Tiberius Populorum, Chefredakteur Railway Research Austira / DEEF; Erstmals Online publiziert: 28. September 2018; Letzte Ergänzung: |
Last modified
Freitag, 28. September 2018 22:21:07 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung #
Railway Research Austria 2009-2020