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Die Gailtalbahn ist eine eingleisige knapp 62 km lange normalspurige Nebenbahn in Kärnten, die in Arnoldstein von der Rudolfsbahn (nach Tarvis-Pontafel/Pontebba-Udine..) abzeigt und über Hermagor zu ihrem Endpunkt nach Kötschach-Mauthen führt.
Desiro-Doppel im damaligen Endbahnhof Kötschach-Mauthen am 29.9.2016 Im Dezember 2016 wurde - trotz bestehender Betriebszusage bis 2019 - auf Betreiben der ÖBB und mit Einwilligung der Kärntner Landesregierung (mit einem "Grünen" Verkehrslandesrat) die Gailtalbahn amputiert und der Betrieb von Hermagor bis Kötschach-Mauthen eingestellt. Seither müssen die Fahrgäste auf einen Autobus umsteigen, die Qualität des Reisens ist Geschichte. Die gleichzeitig erfolgte Benennung der Gailtalbahn als S4 im Kärntner S-Bahnnetz ist wie meist eine rein kosmetische Sache, die im Gegenzug zur Betriebseinstellung versprochene Elektrifizierung der Gailtalbahn bis 2019 ist bis dato (Mai 2018) noch nicht begonnen - aber das ist eben Österreich, ein Land ohne Planungskultur!
Unter großer Anteilnahme aus der Bevölkerung wurde am 10.12.2016 der (vorläufig) letzte Zug von Kötschach-Mauthen verabschiedet inkl. Musikkapelle (Danke an Johann Primschitz für die beiden Fotos). "Viel zu früh eingestellt ...mit dem Segen der hohen Politik...." das Volk weiß genau wo die Schuldigen sitzen, nämlich in Klagenfurt im Landhaus. Guter Tip an die Gailtalerinnen und Gailtaler: Bei den nächsten Wahlen diese Infrastrukturzerstörer einfach abwählen!
Die Initiative zum Bau der Gailtalbahn kam vom Arnoldsteiner Fabrikanten Felix von Mottony, welcher am 11. Juli 1893 die Konzession für den Bau von Arnoldstein bis Hermagor bekam. Ursprünglich sollte die Bahn kostengünstiger als 760 mm Schmalspurbahn errichtet werden, jedoch war das nicht im Sinne des Militärs, welches den Krieg mit Italien bereits heraufziehen sah. Der 1. Abschnitt der Gailtalbahn von Arnoldstein nach Hermagor wurde am 11. August 1894 eröffnet. Der 2. Abschnitt Hermagor - Kötschach Mauthen wurde im 1. Weltkrieg aus Zeitgründen zunächst als k. k. Militärbahn gebaut (Betriebsaufnahme 13. Dezember 1915) und erst nach Kriegsende wurde die teilweise beschädigte Strecke in eine reguläre Bahnstrecke umgebaut. Die Eröffnung des Güterverkehrs bis Dellach im Gailtal und des Personenverkehrs bis Kötschach-Mauthen erfolgte am 1. Februar 1918. Ab 1. Juni 1918 war die Gailtalbahn auf der gesamten Strecke bis Kötschach-Mauthen sowohl für Güter- wie Personenverkehr freigegeben. Die Betriebsführung heute erfolgt durch die ÖBB, welche seit ca. 2007 vorwiegend modernes (aber unbequemes) Wagenmaterial in Form des Dieseltriebwagens Desiro (5022, vulgo "Desastro") einsetzt (vormals 5047er aus der österreichischen Jenbacher-Schmiede). Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 80 km/h bei einer maximalen Neigung von 17 Promille. Außer einer 60 m langen Brücke über die Gail weist die Gailtalbahn keine nennenswerten Kunstbauten auf. Ein wirklicher Takt ist nicht erkennbar. Im Sommerfahrplan 2012 ist folgende Frequenz zwischen Villach und Kötschach-Mauthen gegeben gewesen: Werktäglich 7 Verbindungen, davon 1 mit Umsteigen in Villach Warmbad (1. Verbindung 7.46 ab Villach, letzte 18.56), am Sonntag 6 Verbindungen. Bis Hermagor, dem Bezirkshauptort, gibt es werktäglich 9 Verbindungen (1. Verbindung 6.15, letzte 20.17), am Sonntag 7 Verbindungen.
Die Stationen der Gailtalbahn:
Labung in Kötschach-Mauthen: Direkt in Sichtweite des Bahnhofs Kötschach-Mauthen bietet sich für den hungrigen und durstigen Eisenbahnreisenden eine gute Labungsstation an - der traditionelle Kastanienhof mit den wunderschönen gerade in Blüte stehenden Kastanienbäumen ist zwar Geschichte, aber genau gegenüber ist man im Cafe-Restaurant Reiter gut aufgehoben. Auf der Terrasse entspannend habe ich mir das Menü um 9 Euro bestellt - Curryschaumsuppe, dann Schweinefiletspieß mit Zwiebelsauce und einer Knödel-Ei-Tarte, dazu ein gemischter Salat. Die Halbe Gösser kostete 3.-, hausgemachte Linzer Schnitte mit Schlag danach 2,20.-, ein Achterl guter Veltliner 1,90.- Der Herr des Hauses erzählte mir auch, daß im 1. Weltkrieg die Bahnlinien hinter dem Haus vorbei bis zum Sägewerk verlängert wurde, um dort einen großen Mörser in Stellung zu bringen. Über die Geschichte 1915-1918 gibt es im unmittebar benachbarten Museum im Gemeindeamt Wissenswertes zu erfahren - leider war es über Mittag geschlossen.
5022 027-4 am 17. August 2018 bei der Abfahrt im Bahnhof Hermagor nach Kötschach-Mauthen Fazit/Ausblick: Die Fahrt mit der Gailtalbahn ist landschaftlich recht reizvoll. Gerade im Mai ist das Farbenspiel natürlich doppelt schön. Zu denken geben sollte die lange Fahrzeit, die auch durch einige Langsamfahrstellen (20 km/h bei einigen Ein-/Ausfahrtsweichen in den Bahnhöfen) bedingt ist. Ein Eisenbahnliebhaber, der eine Streckenbefahrung macht, der wird sich daran nicht stossen, aber ein Pendler, der täglich fahren muß, sicher zu Recht sehr wohl und Neukundengewinnung wird so schwierig sein bei einem Schnitt von ca. 40 km/h. Auch das Wagenmaterial verleidet einem das Bahnfahren - der "Desastro" mag zwar modern sein, aber er ist vor allem eine Zumutung an die Kunden hinsichtlich Sitzqualität - kein Vergleich zu den alten aber guten 5047ern aus Jenbach. Auch wurde schon mehrmals - so auch bei der Rückfahrt - ein Ausfall der Klimaanlage beobachtet und das WC ließ sich bei der Hinfahrt nicht versperren. Eine "rote Karte" auch für die ÖBB, die bspw. in Kötschach-Mauthen den Bahnhof versperrt und die Kunden ohne Infrastruktur auskommen müssen - von einer liebevollen Gestaltung mit Blumen mal ganz abgesehen. Es ist zu hoffen, daß man die Gailtalbahn in ihrer gesamten Länge attraktiviert und nicht wie andernorts oft zu beobachten einfach ihrem Schicksal überläßt, um sie dann irgendwann stillzulegen - das wäre schade, vor allem auch für den sanften Tourismus, der in dieser schönen Landschaft einfach ein MUST ist.
5022 027-4 am 17.8.2016 im Bahnhof Kirchberg im Gailtal aus Kötschach-Mauthen kommend bereit zur Rückfahrt nach Villach Nota bene: Meine Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, wie weiter oben bereits erwähnt verkehrt die Gailtalbahn ab 11.12.2016 nur mehr bis Hermagor, für eine eventuelle Weiterfahrt muss in einen Bus umgestiegen werden. Ein Verein hat die Gailtalbahn gekauft und plant eine Nachnutzung der Strecke, was immer das genau heißen mag. Jedenfalls ist seit 2 Jahren tote Hose auf der Strecke und ich werde daher trotz der herrlichen Landschaft das Gailtal nicht mehr besuchen - es gibt andere schöne Gegenden, wo nach wie vor Züge fahren und keine grünen Verkehrslandesräte den Abbruch einer Eisenbahnstrecke befürworten!
Hektometerstein mit Kilometerangabe 62 km (von Arnoldstein) ca, 100 m vor dem Streckenende der Gailtalbahn Sollten Sie Anregungen zu den Projekten haben oder eigene Beiträge oder Fotos präsentieren wollen, so freuen wir uns auf eine Kontaktaufnahme. Haben Sie einen Fehler entdeckt? Bitte um Info > redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF; Erstmals online publiziert: 20. Mai 2012; Ergänzungen: 28.5.2018 |
Last modified
Montag, 28. Mai 2018 21:35:32 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung #
Railway Research Austria 2009-2020