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DEEF-Blog 2016: Als Geschäftsreisender mit der Eisenbahn in Österreich unterwegs

Die letzten beiden Wochen waren hart, ein dicht gedrängter Terminkalender, der mich zu Terminen in ganz Österreich führen sollten. Die Termine konnten in Summe erfolgreich abgearbeitet werden und so kann ich diese Zeilen jetzt einigermaßen entspannt bei einer vorweihnachtlichen Ausflugsfahrt nach Straß Sommerein (heute Hegyeshalom) in mein kleines Yoga-Lenovo klopfen. Auf der Westbahn (seit der Kern-Ära peinlicherweise als „Weststrecke“ verbalhornisiert) von Salzburg nach Wien lässt sich ja einigermaßen gut reisen, schnell kommt man vorwärts, es gibt 1. Klasse und sogar Business, in der ich dank meiner Österreichcard auch berechtigt bin zu fahren und wo man immer ein gratis Businessgetränk serviert bekommt. Vorausgesetzt die teilweise lahme Servierbrigade von Henry am Zug, dem ÖBB Caterer, geruht zu erscheinen. Dieser Caterer wollte ja früher aus seinem Vertrag aussteigen, nämlich mit Ende 2016, allerdings lässt ihn die ÖBB nicht gehen. Leidtragende könnten in diesem Spannungsfeld wieder einmal die zahlenden Fahrgäste werden.

 

Und man kann auch halbwegs ordentlich arbeiten im Zug, im Railjet, der nun auch die klassischen Intercitys mehr und mehr ersetzt. Man hat Tische, man hat Steckdosen, man hat WLAN, das mehr oder weniger gut funktioniert. Der Railjet ist mir im Vergleich zum klassischen Intercity oder Eurocity nur aus einem Grund nicht besonders ans Herz gewachsen, nämlich es mag so gar keine gemütliche Wohnzimmeratmosphäre im Waggon aufkommen. Steriles grau und weiß, Neonlampen, die direkt die Fahrgäste bestrahlen und sie am Dösen oder gar schlafen hindern und es gibt lauter Großraumwaggons.

 

Damals 2012 auf Testfahrt in der ehemaligen "Premiumklasse", heute Business

 

Nüchtern gestylt, im Hintergrund surrt im Ruhebereich der 1. Klasse noch der Schaltschrank - man glaubt man sitzt in einem Umspannwerk :-( Dazu passt auch noch das gleissende Licht von der Decke

 

Dabei sind/waren doch gerade die Abteile – die Coupés, wie der klassische und nobel angehauchte Passagier sagen würde – immer so beliebt, nicht nur bei Familien, sondern man konnte sich etwas zurückziehen, eine intimere Umgebung schaffen, wenn nicht gerade alle 6 Plätze belegt waren, man konnte die Sitze ausziehen (geht im RJ in der 2. Klasse ja gar nicht) und konnte abends oder in der Nacht das Licht ausmachen. So alleine im Coupé sinnierend in die Abenddämmerung hineinfahren, die beleuchteten Wohnzimmer, Kinderzimmer und Küchen vorbeihuschen sehen, sich zu überlegen, was dort wohl für Menschen wohnen mögen, welche Sorgen, welche Freuden sie umgeben, wie es mit dem eigenen Leben weitergehen wird, sich zurücklehnen und einen kräftigen Schluck aus der Bierdose inhalieren, ohne dass 50 weitere Fahrgäste das beobachten, man ein Beziehungsdrama des Nachbarn am Handy oder das Geplärre ins Handy eines megawichtigen Geschäftsmanns mitanhören muss und ohne dass unerzogene Gemüsekinder von unerzogenen Gemüseeltern, gemeinhin zusammen als Gemüsefamilien bezeichnet, einen beim Sinnieren durch auffälliges „kreatives“ Verhalten samt Herumkreischen stören. Solche Gemüsefamilien finden sich leider auch in der Businessklasse, wo sie ja aufgrund ihres Habitus überhaupt nicht hinpassen aber dank der viel zu billig verschleuderten „Österreichcard Familie“ Zutritt in die Business erhalten.

 

Das sollte sich wahrlich rasch ändern, erstens sollte die Familienkarte mindestens den 1,5fachen Preis der ÖCard Classic kosten und keinen Zutritt mehr in die Businessklasse erhalten. Anzudenken wären ja eigene Bereiche für solche „auffälligen“ Reisegenossen, aber möglichst weit weg von 1. Klasse und Businessklasse. Schade dass man die Intercitywaggon, die doch deutlich mehr Wohnzimmeratmosphäre ausstrahlen, die ja sicher mehr Autofahrer zum Umstieg auf die Bahn motivieren könnte, dass man diese IC-Waggons einfach aufs Abstellgleis geschoben hat, nachdem man sie zuvor schon jahrelang stiefmütterlich behandelt hat, sprich weder ordentlich gepflegt hat und schon gar nicht „upgegradet“, also bspw. WLAN eingebaut hätte – man kann ja sehen, wie gut das funktioniert wenn man nach Tschechien oder Ungarn schaut, wo die dortigen Eisenbahngesellschaften die günstig von den ÖBB erworbenen Waggons zukunftsfit gemacht habe.

Aber OK, zurück zu meinen geschäftlichen Reisen quer durch die Republik in den letzten Wochen.
Die ersten beiden Termine fanden in Wien statt, da gab es kein Problem mit der Erreichbarkeit, in nicht einmal zweieinhalb Stunden ist man ja mit dem RJ von Salzburg in der Reichs- und Residenzstadt. Bei der Rückfahrt vom 2. Termin zum Wiener Hauptbahnhof musste ich allerdings in der S-Bahnstation Jedlersdorf fast eine halbe Stunde auf die S-Bahn warten und konnte mich sodann livehaftig von der „Qualität“ der ÖBB-Bahnhofsoffensive überzeugen. Es hatte um die Null Grad und ein leichter Wind ging, wie das im Osten Österreichs öfters der Fall ist. Der Glaskobl am Mittelbahnsteig, das neuzeitliche Aufnahmsgebäude der ÖBB-Bahnhofsarchitekten also, ist wahrlich kein Hort der Gemütlichkeit, es ist kalt, es zieht dank der zentimetergroßen Lücken zwischen den Glasplatten (warum??) und oben und unten ist der Kobl auch nicht dicht. Heizung gibt es keine und die Nirostasitze sind selbst im Hochsommer ein Garant dafür, dass empfindliche Menschen Hämorrhoiden bekommen. Klo gibt es auch keins, Wasser auch nicht. Das Gemütlichkeit ausstrahlende alte Bahnhofsgebäude, das einen warm beheizten Warteraum samt Klo hatte, steht unmittelbar gegenüber des Mittelbahnsteigs, allerdings für zahlende Bahnreisende nicht mehr zugänglich. Diese Architekten der ÖBB-Infra sollte man hier in diesem Glaskobl einmal 2 Stunden einsperren, vielleicht stellt sich dann ihren Hirnen Besserung ein.

 

Der kahle (und kalte) Mittelbahnsteig von Jedlersdorf - keine Dienstleistung, 0815 Architektur

 

Das alte Bahnhofsensemble Jedlersdorf - dort wäre alles vorhanden gewesen, heute nicht mehr für Reisende zugänglich


Der nächste Tag brachte mich zu 2 Terminen nach Liezen im Ennstal und dann nach Graz. Der Bahnhof Liezen ist ja gerade im Umbau begriffen, man hat das schöne alte Aufnahmsgebäude des Bezirkshauptortes mit allen notwendigen Dienstleistungen abgerissen, den Fahrdienstleiter und die Personenkasse abgezogen, aber noch bevor der neue „Bahnhof“ fertiggestellt wurde. Als erstes wollte ich mein Gepäck am neuen „Bahnhof“ deponieren, ich wollte nicht unbedingt mit meinem Rucksack zum Termin kommen. Allerdings Fehlanzeige, Personal ist ja keines mehr da aber auch mit Schließfächern geizt man bei den ÖBB. Wieder einmal also die Staatsbahntypische „Esrentiertsined-Mentalität“. Zum Ort meiner geschäftlichen Tätigkeit sind es 10 Minuten zu Fuß, ich möchte mir eine kurze Taxifahrt gönnen. Allerdings oh weh, selbst im Zentrum dieser Tourismusdestination fehlt jeder Hinweis auf eine Taxidienstleistung. Übrigens auch ein Hinweispfeil, wie man ins Zentrum dieses in der Bahnhofsumgebung megaschiarche Dorf, tschuldigung, Bezirkshauptortes, kommt.

 

Der stattliche Bahnhof des Bezirkshauptortes Liezen - abgerissen von den ÖBB 2016! Eine Schande!!!

 

Das fand ich im Sommer 2016 anstelle des stattlichen Aufnahnsgebäude in Liezen vor - Beton!



Der Termin verläuft positiv, ich erreiche den nächsten Zug Richtung Graz, der ja nur im 2-Stunden-Takt verkehrt. Monitore und Lautsprecher am neuen Mittelbahnsteig sind noch nicht in Betrieb. Die Abfahrtszeit naht, ist 10 Minuten drüber, Zug jedoch, der Intercity aus Salzburg, Fehlanzeige. Dann eine Durchsage, allerdings nicht verständlich da nur am Hausbahnsteig, der aber nicht bespielt wird, ein funktionierender Lautsprecher steht. 20 Minuten gehen vorbei, kein Intercity, keine Durchsagen. Ratlosigkeit am Bahnsteig, in die andere Richtung nach Schladming soll eine Schienenersatzverkehrsbus fahren. Allerdings wird diese Meldung per stiller Post weitergegeben, es ist ja kein Personal der ÖBB vor Ort außer einer Reinigungsdame, die die Mistkübel leert und die Handwerker einer privaten Firma. Eine Dame, die nach Graz will, echauffiert sich und meint, sie fahre sonst mit dem Auto aber sie wollte einmal den Komfort des Zuges nutzen und ärgere sich jetzt schon, dass sie dieses Experiment gestartet hat und jetzt dastehe bei kaltem Wetter am unfertigen Mittelbahnsteig und ohne jegliche Information wie es weitergehen soll. Ich aktiviere den „Scotty“ am Iphone und sehe, 20 Minuten Verspätung. Hm aber kein Zug. Das geht so weiter, 30 Minuten, 40 Minuten, 50 Minuten.

 

Endlich kommt der Intercity daher, den, so heißt es später vom Schaffner, ein Schienenbruch aufgehalten hat. Angenehm die wohlige Wärme im AD-Wagen, Hunger macht sich breit, es ist ja gleich 12 Uhr, allerdings hat die Staatsbahn ÖBB ja schon längst alle Intercitys kastriert und den Speisewagen sowie den 1. Klasse Abteilwagen gestrichen. Aber Hauptsache unterwegs zum 2. Termin des Tages. Dieser ist gleich in der Nähe des Bahnhofs und meines Ibishotels, sodass es davon nichts aufregendes zu berichten gibt. Außer dass man nun auch in Graz die Lounge der ÖBB umgebaut hat, aber dabei die Tür zwischen Eingangsbereich, wo das Loungepersonal sitzt und dem restlichen Kundenbereich weggelassen hat und somit der Lärm von der Bahnhofshalle direkt zu den meist ruhesuchenden Premiumfahrgästen vordringt.

 

Die Grazer Lounge vor dem Umbau 2016 - heute im ÖBB-Einheitslook, den man sich offenbar von Fluglinien abgeguckt hat aber laut weil ohne lärmmindernde Tür in den Clubbereich



Baldigst am nächsten Morgen mache ich mich auf zu den beiden Terminen des Tages auf. Kurz nach 7 Uhr, stockfinster noch, setzt sich der mehr als gut gefüllte Desastro-Dieseltriebwagen im Grazer Hauptbahnhof in Bewegung, als Destination ist Fehring in der Oststeiermark angegeben, allerdings verkehrt der Zug dann direkt weiter von der Steirischen Ostbahn über die Thermenbahn, die Wechselbahn und die Aspangbahn nach Wiener Neustadt. Warum man es den Pendlern in der Früh nicht bequemer macht und einen 2. Triebwagen anhängt weiß ich nicht, gemütlich ist es jedenfalls nicht, so dichtgedrängt zu sitzen. Allerdings spätestens ab Gleisdorf ist viel Platz im Desastro. Service gibt es in diesem Zug keines, also ein WC schon, aber keine Tische, keine Steckdosen, keine Bewirtschaftung und ein Schaffner taucht auch erst ab Fehring auf.

 

Desiro 5022 044-9 von Graz Hbf nach Wiener Neustadt Hbf über die Oststeiermark beim Halt im Bezirksort Hartberg

 

Österreichs Eisenbahnen, ich meine die staatliche der ÖBB, sind ja ein Paradies für Schwarz- und Graufahrer und dann noch die angeblich zahlreichen Fahrgäste, deren Vorteilscard oder Österreichcard gefälscht sein soll. Während man nämlich in der Schweiz das Generalabo immer wertiger und sicherer machte (u.a. mit einem eingepflanzten Chip), verkommen die ÖBB Kundenkarten immer mehr so einer Ramschkarte im Billiglook. Neuerdings erleichtert man den Fälschern in Thailand und anderswo das kopieren noch mehr, in dem man sogar bei der Österreichcard (immerhin in der Classicversion 2.500 Euro teuer) auf das Foto verzichtet. Und da man bei den ÖBB eine extrem schlechte Betreuungsrelation für die Kunden hat, kann der Schaffner seinem Auftrag, die nun fotolosen Karten mittels Ausweis (Pass oder Personalausweis) zu kontrollieren gar nicht nachkommen. Ich habe noch nie erlebt, dass ein Schaffner jemand nach seinem Ausweis gefragt hat. Dumm – dümmer – am dümmsten – ÖBB Management! Kundenkarten wie in Deutschland die Bahn-Comfort oder in Italien den Frecchia Club gibt es bei den ÖBB ja nicht mehr, nachdem man vor nun 3 Jahren das damalige System abgeschafft hat (besser gesagt, es endete im Chaos weil bei allen Kunden die Bonuspunkte verschwunden waren) und das versprochene neue System kam bis dato nicht. Man gräbt da lieber um ein paar Milliarden, die gar nicht vorhanden sind – also auf Pump – Löcher in diverse Berge anstatt treue Kunden zu belohnen.

 

Kostet seit 2014 um satte 18 Prozent mehr, wird aber immer ramschiger, die Neuausgaben nun auch noch ohne Foto



Aber weiter mit der Fahrt durch die Oststeiermark, übrigens landschaftlich sehr inspirierend, nur die Bahnlinie dümpelt halt in bekannter Manier dahin. Am Söchauer Berg, wo schon einst die Heizer ins Schwitzen kamen, um ihre Dampfrösser über die langgezogene und gewundene Steigung zu bringen, zuckelt auch der neue Dieseltriebwagen im Schritttempo dahin – hier besteht Handlungsbedarf, will man die Regionalbahnstrecken zukunftsfit machen. Aber das will die Staatsbahn ja offenbar nicht, daher ist die Politik gefragt, die endlich mal klarstellen soll, dass „wer zahlt schafft an“. Warum der Zug nicht schon in Graz mit Wiener Neustadt angeschrieben war weiß ich nicht, vielleicht auch deshalb, weil das sinnerfassende Lesen und Verstehen in Österreich dank der linksideologisch motivierten Bildungspolitik gepaart mit betreutem Denken fröhliche – eigentlich desaströse – Urstände feiert und unbedarfte Reisende vielleicht in den falschen Zug einsteigen könnten.

In Hartberg angekommen erledigte ich sogleich mein Meeting, natürlich mit Rucksack, denn auch im Bezirkshauptort Hartberg waren ebenso wenig wie im Bezirkshauptort Liezen Schließfächer zu entdecken und der Bahnhof ist personell ebenso verwaist wie der im Ennstal. Einziger Lichtblick ist das im ehemaligen Lagerschuppen untergebrachte Bahnhofsbuffet, dort herrscht noch Leben und nach Abarbeitung meines Termins befeuchtete ich mir meine Lippen und die Gurgel mit einem raschen Stehseidl Zipferbier.

 

Kurioses sah ich auf der Tür zum Warteraum in Hartberg angeschlagen:

 



Glaubt man tatsächlich die Kunden mit solchen Informationen verarschen zu können? Man baue im Wartesaal tagtäglich zu mitternächtlicher Stunde für die Kunden um. Auf unbestimmte Zeit. Also blöder geht es gar nicht mehr. Es war von Baustelle nichts zu sehen, offenbar hat die ÖBB Propagandaabteilung entschieden, man darf der Bevölkerung nicht die Wahrheit zumuten, dass es nämlich (so meine Interpretation) Vandalen gibt, die nächtens das unbewohnte, unbenutzte und unbewachte Objekt verwüsten. Jaja, warum spart man auch den letzten Dienstleister vor Ort ein?? Das hat man davon, aber die Manager wird es wohl nicht treffen, die steigen sicher in ihre Dienstlimousinen, vorne am Schild ein W, am Schluss ein BB.

In Wiener Neustadt gab es endlich ein paar Schließfächer und es war sogar eines frei. Als ich die 2 Euro einwarf bracht lautes Geschreie und Gebrüll im Bahnhof aus, ich kriegte es fast mit der Angst zu tun. Der Lärm kam näher und ich sah, wie ein älterer „Sandler“ die ihn umringenden Security-Typen der Bahn (übrigens durch die Bank Alibi-Marionetten ohne Ausbildung und ohne Kompetenzen) anbrüllte und dann schlug er einem auch mitten ins Gesicht, in die Augen. Na servas dachte ich mir, wie möchte man da Fahrgäste gewinnen, sie motivieren, ihr sicheres Wohnzimmer namens Auto mit Sitzplatzheizung, Musik und Video, kuscheligen Sitzen und intimer Atmosphäre gegen solch rüde Umgebung auszutauschen.

Die Taxifahrerin, die mich zu meinem Termin etwas außerhalb der Stadt brachte, kannte den Sandler, meinte, auch an diesem Vormittag war schon die Polizei da, aber niemand hilft ihm wirklich, bringt ihn in eine Organisation, wo man sich um ihn kümmert. Dazu sei kein Geld da sagte meine Taxlerin, aber für die Ausländer, die illegal gekommen sind und nie was geleistet haben bei uns, denen schiebt man es in den A. und will sogar neue Häuser für sie bauen. Chapeau, meine Rede! Aber bei den zahlreichen geistig degenerierten linksgrünen Refugee-Welcome-Klatschern darf einem nichts mehr wundern im Staate Österreich, vor allem sein langsamer aber sicherer Abstieg, wie einst das Römische Reich zugrunde gegangen an der Dekadenz und der Weicheierrei.

 

 

RJ der CD im Bahnhof Wiener Neustadt Hbf.


Nach dem erfolgreichen Termin und der erfolgreichen Behebung meines Gepäcks aus dem Schließfach – diese elektronischen Dinger, mein Vertrauen darin ist enden wollend, seit ich mitbekommen habe, dass am Salzburger Hauptbahnhof vor einigen Monaten alle Schließfächer aufgrund einer Fehlfunktion aufgegangen sind und das bei den vielen dunklen Gestalten, die sich zur Zeit am Bahnhof die Zeit um die Ohren schlagen – konnte ich in der Business meinen wohlverdienten Piccolo Schlumberger Sparkling schlürfen.

Der nächste Termin führte mich nach Neusiedl am See. Zum Glück hatte ich mir die örtlichen Taxiunternehmer vorab herausgeschrieben, denn vor Ort am Bahnhof fand man keinerlei Information dazu. Meine Taxifahrerin meinte, ja das Probleme kenne sie, aber es gibt soviel Neid unter der Kollegenschaft, wenn man da etwas hinhängt, das reißt der nächste gleich wieder ab. Und die ÖBB interessiere sowas überhaupt nicht. Nach dem Termin machte ich noch eine kleine Rundreise, von Neusiedl am See Bad, wo ich im dortigen Bahnhofswirt zu Mittag aß (neuerdings Austro-Chinesische Küche), über Pamhagen nach Fertöszentmiklos (St. Nikolaus am Neusiedlersee), wo ich von Pamhagen bis Fertöszentmiklos zum ersten Mal mit dem Ventus der Raaberbahn fahren konnte, ein modernes Nahverkehrs- und Regionalverkehrsfahrzeug.

 

 

Der neue Ventus aussen im Bahnhof von Fertöszentmiklos und Innenaufnahme

 

 

Von F. nach Sopron ging es mit einem Intercity durch die Kleine Ungarische Tiefebene, und zwar recht gemütlich, nämlich in modernisierten ehemaligen Intercitywaggons der ÖBB. In jedem Abteil fand sich ein moderner Bildschirm mit Anzeige des aktuellen Standorts, Satellitennavigation also – naja, bei den ÖBB ausgemustert, bei den Ungarn top.
 

 

Die altbewährten ÖBB-Intercity Waggons jetzt ab 2016 bei der Raaberbahn als "RaaberCity"

 


Verärgerung dann noch ab Wiener Neustadt, wo ich mich wieder auf einen Sekt freute, doch diesmal im Tschechen-Railjet erschien kein Steward oder Stewardesse. Der Bohemia Sekt ist durchaus wohlmundend und die große Sektflöte gratis als Businessgetränk erhältlich, während das tschechische Nationalgetränk, das Pivo, kostenpflichtig ist.
 

Für den Termin in St. Pölten konnte ich vom dortigen Hauptbahnhof einen Triebwagen der Baureihe 5047 auf der Leobersdorfer Bahn (auch Niederösterreichische Südwestbahn, auch Traisentalbahn) nutzen. Diese Strecke hat eigentlich viel Potential wenn es gefördert wird, allerdings kann man an diesem Streckennetz mustergültig sehen, was die ÖBB damit machen - jahrzehntelang nichts investieren, kundenunfreundlicher Fahrplan und dann scheibchenweise verkürzen, stilllegen oder unterbrechen. Der Seitenast nach Türnitz wurde eingestellt, der andere Ast nach ursprünglich Kernhof wurde dann auf St. Ägyd am Neuwald zurückgenommen und die Strecke nach Kernhof abgerissen, aktuell fährt man seit ein paar Jahren im Personenverkehr nur mehr bis Schrambach. Wie zu hören war, gehe sich das einfach für die Umlaufpläne leichter aus - an die Fahrgäste denkt niemand. Offenbar auch nicht die Fahrgastvertreter und die Politik.

 

Aufnahme von 2010: Jenbacher Triebwagen im Bahnhof von St. Ägyd am Neuwald. Heute nur mehr Güterverkehr von einer privaten Genossenschaft, weil die ÖBB auch den Güterverkehr (Holz) beinhart einstellte und so Millionen Tonnen Holz pro Jahr auf die Straße gekommen wären

 

Die Hauptstrecke nach Leobersdorf, also die kürzeste Verbindung von St. Pölten nach Wiener Neustadt, wurde überhaupt unterbrochen - zwischen Hainfeld und Weissenbach-Neuhaus gibt es seit einigen Jahren überhaupt keinen Verkehr mehr und im Rahmen meines Termins bei St. Pölten fuhr ich bis Hainfeld, um dort zu Mittag zu essen. Und musste entdecken, dass man kürzlich kurz nach dem Bahnhof Hainfeld die Schienen auf ein paar hundert Meter herausgerissen hat und dort offenbar auf Bahngelände Häuser hinpflanzt. Soviel zur "Nachhaltigkeitsstrategie" der Staatsbahn! Busverbindung gibt es übrigens zwischen Hainfeld und Weissenbach-Neuhaus gar keine, man muss dazu per Telefon eine Art Ruftaxi aktivieren. Na bravo!

 

Über den Tauern musste ich auch noch, nach Spittal an der Drau und in die Landeshauptstadt Klagenfurt. Um ja keinen Stress zu kriegen fuhr ich schon um 6.12 Uhr los, fürstlich residierend im ehemaligen Businessabteil, anschließend lockte ein klassischer großer Speisewagen zur Einkehr. Die Garnitur befindet sich in einem Umlauf mit den Italien-Eurocitys, darum also der Speisewagen und der herrliche 1. Klassewaggon.

 

So ein Vollspeisewagen hat schon was!

 

 

Der Termin in Spittal musste wieder per Taxi angefahren werden, denn obwohl die Villacher Straße so gut wie alle Einkaufsmärkte der Stadt beherbergt, gibt es dort keinen Öffentlichen Nahverkehr, ausgenommen der Postbus, aber der fährt nur ca. alle 1-2 Stunden. In Spittal am Bahnhof wiederum eine Zeichen des Niedergangs der Reisekultur, ausgelöst durch die Staatsbahn. Das Bahnhofsbuffet hat seit mindestens 1 Jahr zu, wie so viele neuerdings in Österreich, und man hört, dass oftmals das undurchsichtige Handeln der ÖBB Immobilien GmbH daran schuld ist. Man lässt lieber Räumlichkeiten oder ganze Häuser leerstehen als dass man sie ordentlich bewirtschaftet. Irgendwann hilft dann nur mehr die Abrissbirne.

 

Hier war immer viel los im Bahnhofsbeisl in Spittal - seit heuer ist es dicht :-(

 


Die Fahrt von Spittal nach Klagenfurt erfolgte erstmals mit einem Railjet, der die meisten IC-Garnituren zum Fahrplanwechsel abgelöst hat. Sogar ein klassischer Railjet mit großer Businessklasse. Denn die für den Ersatz der IC-Garnituren bestellten RJ-Garnituren (also die 2. Tranche der Schienendüser) weisen ebenso wie die Tschechenrailjets eine Mini-Businessklasse auf – statt einem eigens mittels Tür abgeteilten Bereich, wo es Kojen mit insgesamt 16 Businessplätzen gibt, haben die neuen RJ nur mehr 6 Businessplätze, die einfach ohne wirkliche räumliche Abgrenzung im Anschluss an die 1. Klasse im Steuerwagen platziert sind. In Summe haben die neuen RJ 1 Waggon 2. Klasse mehr. Bei einigen Zügen sehe ich da schon Konflikte heraufdämmern, aber das ist man ja von den ÖBB schon gewohnt.

In Klagenfurt wollte ich meinen Rucksack im Schließfach deponieren, allerdings wurden neue installiert, die aber noch nicht fertiggestellt wurden. Man erklärte mir beim Fahrkartenschalter, dass da zig Firmen beteiligt sind und dieses Konstrukt daher auch schwerfällig sei und alles seine Zeit brauche. Dankenswerterweise konnte ich nach Vorweisen meiner Österreichcard meinen Rucksack im Reisezentrum hinter der Schaltertheke deponieren. Nach dem Termin, zu dem ich wieder per Taxi anreisen musste, weil auch in Klagenfurt der ÖPNV nicht wirklich toll ausgebaut zu sein scheint, gönnte ich mir im Bahnhofsresti (Die Reste) einen Haustoast mit Spiegelei, den nur weiterempfehlen kann.

 

Die Reste zu Klagenfurt

 

Die Heimreise erfolgte mit einer neuen RJ-Garnitur, also mit verkleinerter Businessklasse. Einen Konstruktionsfehler weisen diese übrigens auf, nämlich befindet sich Sitz 13 direkt im Sensorbereich der Tür, die somit bei jeder noch so kleinen Körper- oder Armbewegung aktiviert wird. Tür auf, Tür zu, so ging es die ganze Fahrt dahin. Bin gespannt, wielange es dauern wird, bis das abgestellt wird, denn so ist es äußerst unangenehm.

Für die letzten 3 Termine dieses Projekts führte mich meine Reise noch über den Arlberg ins Ländle. Die Arlbergbahn, eine Gebirgsbahn im klassischen Sinn, ist immer eine Reise wert und „dank“ der spärlichen Ausbaumaßnahmen der ÖBB immer noch recht authentisch erlebbar. In Bludenz gab es sogar Schließfächer und ich konnte meinen Rucksack für die Dauer meines Meetings einsperren. Auch der Anschluss zur Montafonerbahn funktionierte in beide Richtungen. Bei der Weiterfahrt nach Bregenz musste ich leider in Feldkirch in den REX umsteigen, der sich als Talent entpuppte, einer S-Bahn Garnitur also, die leider bei den ÖBB sogar im Fernverkehr eingesetzt wird. Aber es ist ja schon abzusehen, dass im Öffi-Vorzeigebundesland Vorarlberg demnächst moderne Talent 3 Triebwägen zum Einsatz kommen werden, bestellt wurden sie ja schon.

 

Unterwegs auf der Montafonerbahn, hier verkehren Triebwagen der MBS sowie der ÖBB. Zugkreuzung im Bahnhof St. Anton im Montafon



In Bregenz nahm ich Quartier im ideal gelegenen Mercure Hotel, allerdings täte beim Abgang zum Seebereich, wo Festspielbühne, Spielcasino und das Hotel Mercure situiert sind, endlich eine adäquate Lösung not. Es genügt eine Rolltreppe und/oder ein Lift, dazu braucht man weder den Bahnhof abzureissen noch zu verlegen oder ein neues Stadtviertel zu errichten, einfach einen Lift und Rolltreppe einbauen. Meine weiteren Termine in Hohenems und Lauterach verliefen ohne berichtenswerte Ereignisse, auch die Heimfahrt über den Arlberg nach Salzburg im RJ verlief zur Zufriedenheit, auch der dauernd anfällige WLAN funktionierte einwandfrei.

Grundsätzlich kann gesagt werden (siehe dazu auch meinen Beitrag in der „Eier Legenden Wollmilchsau), dass es auch bei den Regionalzüges wünschenswert wäre, wenn diese eine 1. Wagenklasse führen würden, sowohl für die Businesskunden aber auch im Sinne des Tourismus und für Reisende generell, die mehr Ruhe und Komfort schätzen und sich das auch etwas kosten lassen würden. Man blicke da nur in die Schweiz oder nach Deutschland.

 

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 21. Dezember 2016; Ergänzungen: -

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Last modified  Mittwoch, 21. Dezember 2016 19:47:37 +0100
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum DEEF # Dokumentationszentrum für Europäische Eisenbahnforschung # Railway Research Austria 2009-2020 

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