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DEEF-Blog 2014: ÖBB demolieren (mutwillig) Gütermagazine an der Salzkammergutbahn - Vorboten der Zentralisierung (Bfz)??

An der Salzkammergutbahn ist die Eisenbahn-Welt noch weitgehend in Ordnung: Mit Fahrdienstleitern besetzte Bahnhöfe, wo man auch noch Fahrkarten abseits eines Automaten bei einem lebenden Wesen kaufen kann und Beratung einholen kann, Bahnhöfe wo nicht die Aufnahmsgebäude demoliert oder versperrt wurden und dafür eine Mittelbahnsteig mit Junk-Architektur (Glaskobl ohne Heizung, WC und Wasser) die Umwelt verschandelt, sogar Blumenschmuck am Bahnhof findet man noch (sehr schön bspw. in Obertraun Dachsteinhöhlen). Der Atem der Vernichtung durch die in den Städten konzentrierten ÖBB-Manager hat also bis dato das Salzkammergut noch verschont.

 

Doch nun scheint die ÖBB-Bau-Unkultur wie ein Krebsgeschwür auch das Salzkammergut massiv zu bedrohen - die Bahnhöfe sollen alle automatisiert und dann an die BFZ (Betriebsführungszentrale) angeschlossen und ferngesteuert werden. An sich ein gewagtes Unterfangen aber negativ vor allem aus Kundensicht, man hat keinen Ansprechpartner mehr vor Ort und auch niemand mehr, der sich um den Bahnhof, die Station kümmert. Es wäre einmal interessant nachzurechnen wie es sich mit den Kosten/Nutzen verhält - was kostet die Errichtung/Umbauten und Wartung der technischen Einrichtungen bspw. in den nächsten 30 Jahren und was würden die Personalkosten für die Fahrdienstleiter/Schalterpersonen ausmachen? Ich glaube so eindeutig pro BFZ und Zentralisierung würde die Rechnung nicht ausfallen. Vor allem dann nicht, wenn den Zusatznutzen der Personen vor Ort berücksichtigt, die ich vorhin schon erwähnt habe. Doch davon an anderer Stelle mehr.

 

Vor wenigen Tagen bin ich nach längerer Abwesenheit wieder mal zu meinem Anwesen nach Bad Goisern gereist, leider in mehr als 2 Stunden und mit Umsteigen in Attnang-Puchheim - die Direttissima "Ischler Bahn" hat man ja leichtfertig demoliert (federführend der damalige Landeshauptmann von Salzburg und spätere Bundeskanzler Klaus, natürlich von der ÖVP, dem Club der schwarzen Bahnhasser) und von der Ischler Bahn neu gibt es zwar eine durchaus positiv bewertete Machbarkeitsstudie aber bei der Inkompetenz und Ignoranz unserer Politiker sehe ich schwarz was die Errichtung betrifft. Als ich am Goiserer Bahnhof ankam fiel mir auf, dass das Gütermagazin (beim Aschauer) dem Erdboden gleich gemacht wurde. Ich fragte nach und bekam von einem Insider die Antwort: "Ja, im Juni war das, die sind wirklich Verrückte bei der Bahn, das Gebäude war vor 5 Jahren komplett neu eingedeckt worden und gut in Schuß. Man hätte das locker vermieten können".

 

Gütermagazin Bad Goisern (Aschauer) im August 2012 - man beachte das neu glänzende Dach. Demoliert von den ÖBB im Jahr 2014 :-(

 

Als ich ein paar Tage später nach Bad Aussee kam fiel mit sofort die plane Fläche neben dem Bahnhof auf - auch da stand bis vor kurzem ein großes Magazin und auch das demolierte die ÖBB. Anstatt die Gebäude gewinnbringend zu vermieten und dadurch etwas weniger Millionen an Steuergeld zu kassieren, vernichtet man mit Steuergeld finanzierte Gebäude, man könnte auch sagen man vernichtet vorsätzlich Volkseigentum. Wie es ein Kollege neulich formulierte, die ÖBB, der Staat im Staat, mit voller Narrenfreiheit vom BMfIT ausgestattet.

 

Sind diese Demolierungen der Anfang vom Ende der intakten Salzkammergutbahn? Es ist zu befürchten aber gleichzeitig ist auch zu hoffen, dass endlich die Politiker vor Ort die ÖBB zur Ordnung rufen und auch die Bürger entlang der Strecke. Bahnhöfe müssen bewirtschaftet und Warteräume und WC´s offen bleiben. Bevor man unter dem Deckmäntelchen der Barrierefreiheit sündteure Mittelbahnsteige mit architektonisch minderwertigen Glaskobl in die Landschaft setzt, sollte man das Geld lieber für sinnvollere Maßnahmen einsetzen - Erhöhung der Streckengeschwindigkeit (Verkürzung der Fahrzeit) durch Begradigungen und Verbesserungen im Oberbau sowie Sicherungseinrichtungen (zuviele ungesicherte Bahnübergänge, vor allem zwischen Ebensee und Ischl). Dann noch einem ordentlichen Takt mit Verbindungen auch am Abend (aktuell letzter Zug von Bad Goisern Richtung Westbahn um 19.22 Uhr) und wieder stündliche Verbindungen vom oberösterreichischen Obertraun ins Steirische Bad Aussee - so wie es einst war!

 

Nota bene: Es ist dringend an der Zeit, dass die schönen Bahnhofsgebäude an der Strecke (bspw. Bad Goisern, Ischl, Altmünster etc.) unter Denkmalschutz gestellt werden! Das kulturelle Erbe des Landes muß bewahrt werden und da sind die ÖBB erfahrunggemäss ein schlechter Partner.

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals Online publiziert: 12. August 2014; Ergänzungen: -

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Last modified  Samstag, 02. Mai 2015 11:23:51 +0200
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