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Eigentlich war erwartet worden, daß im Frühjahr 2014 der Caterer der ÖBB Speisewagen und der mobilen Bordservices, Henry am Zug des Attila Dogudan, Geschichte sein wird - negative Schlagzeilen gab es ja zur Genüge. Doch weit gefehlt: Eine neue Henry am Zug Speisekarte für die Sommersaison 2014 liegt im Railjet seit kurzem auf.
Der erste Eindruck von der Karte ist gut, wohlgemerkt der der Aufmachung - frisch, peppig, nicht so steril wie vielerorts und auch wie bisher im Speisewagen, man wird neugierig und schlägt die Karte gerne auf. Auch innen ist die Karte adrett aufgemacht und vegetarische sowie glutenfreie und laktosefreie Produkte mit den jeweiligen Symbolen deutlich gekennzeichnet. Bei der zunehmenden Anzahl an Allergikern auch schon in der Altersgruppe der unter 30-Jährigen oder bei Kindern wird das für die Gastronomie zukünftig ein Megathema werden.
Eine Angabe zur Herkunft der Produkte sucht man allerdings vergeblich - ich wäre ja schon zufrieden, würde man angeben, aus welchem Land bspw. das Hühnerfleisch kommt (bspw. "Hühnerfleisch aus Österreich") wenn man schon nicht angibt von welcher Region oder gar von welchem Betrieb das Fleisch oder das Gemüse kommt. Das macht man ja schon seit Menschengedenken beim Wein so, da ist die Sorte angegeben, der Jahrgang, die Herkunft und von billigem Fusel abgesehen auch der Produzent, der Winzer. Naja, vielleicht wird die Zeit auch dafür einmal reif sein.
In der Einleitung der Speisekarte steht geschrieben, daß man sowohl österreichische wie internationale Küche in der Karte findet. Mein 1. Blick galt also dem Schnitzel, ob es nach wie vor auf eher exotische Weise von einem Risi Bisi begleitet wird oder doch wie in unseren Breiten üblich von Kartoffeln. Doch was fand ich? Auch nach 3-maligen Durchblättern gar kein Schnitzel, weder mit Kartoffeln noch mit Reis oder auch Fritten hätte ich gelten lassen, sondern
Indisches Hendl statt Wiener Schnitzel - ÖBB Speisekultur á la 2014
Auf der nächsten Seite dann doch 2 als aus der Österreichischen Küche stammen sollende Speisen, nämlich ebenfalls neu "Überbackene Schinkenfleckerl" sowie das altbekannte "Altwiener Paprikahuhn mit Spätzle" (sagt man in Österreich überhaupt Spätzle? - ich kenne das nur als Nocken oder Nockerl).
Aber kein Schnitzel so sehr ich auch suche. Auch die traditionelle Fritattensuppe finde ich nicht, dafür eine Ungarische Gulaschsuppe sowie eine Apfel-Selleriesuppe. Sellerie soll ja gerade für Männer sehr gesund sein (sagte schon meine Oma Gusti Populorum), aber den Geschmack kann ich irgendwie nicht so toll leiden.
Und die klassiche österreichische Nachspeise und früher Standard im Speisewagen, die Sachertorte?? Ebenfalls Fehlanzeige, man findet einen Brownie, auch einen Muffin (da werden sich die Angelsachsen und die Mc Donalds-Jünger aber freuen) und neben einem "Kuchen des Tages" (abgebildet ist ein englischer Teekuchen) auch als "Summer Special" einen "Wachauer Marillenstrudel", der neben der Auszeichnung mit dem Symbol "vegetarisch" auch noch das Symbol des "Timi Taurus" danebenpicken hat, also von den "Kids" gerne bestellt wird.
Sakradi, der Speisewagen der ÖBB ist also tatsächlich in der globalisierten Welt angekommen - kein Schnitzel, keine Fritattensuppe und auch keine Sachertorte mehr, die einst im klassischen Vollspeisewagen jedes Eurocity und jedes Intercity erhaben in der Glasvitrine präsentiert wurde und es zum Standard, ja zum guten Ton gehörte, nach dem Hauptgang dem Ober (von Stammgästen des Speisewagens auch "Kantineur" genannt) zu winken und noch "A Sacher mit Schlog" zu bestellen.
Ist das also der Anfang vom Ende, der Untergang des Abendlandes?? Zumindest der Kulinarische auf Schienen??
Link: DEEF / Der Pfannengucker Testbericht Henry am Zug 2012 >>> ÖBB Speisewagen - Henry am Zug 2014 >>> Ihre Meinung? redaktion@dokumentationszentrum-eisenbahnforschung.org
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Samstag, 02. Mai 2015 11:23:50 +0200
Autor/F.d.I.v.: Kons. Univ. Lekt. Dr. Michael Alexander Populorum #
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