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DEEF-Blog 2012:

Autolegenden, Formula Uno, Hochgeschwindigkeitszüge - Ferrari goes Eisenbahn now

Autor: Dr. Michael Populorum, 30.5.2012

Als ich letztens im Railjet von Wien nach Salzburg "düste" - der Railjet hat ja als Spitznamen nicht nur "Qäuljet" sondern auch "Schienendüse" - da sprang mir doch glatt im Kurier, welchen mir eine ungarische Servierdame brachte, auf Seite 9 (30.4.2012) ein Foto ins Auge: Der erfolgreiche Ferrari- und Fiatboss Luca di Montezemolo mit hochgestreckter Faust ("Forza") vor einem ferrarirot lackierten glänzenden Hochgeschwindigkeitszug in futuristischem Design. Darunter die Schlagzeile: "Luxus Zug, Startschuss für Ferrari auf Schienen."

Foto: Quelle Spiegel Online

Es tut sich also was am Sektor des privatwirtschaftlichen Personenverkehrs auf Schienen. Letztes Jahr begann ja dieses Zeitalter in Österreich mit dem Markteintritt der Westbahn AG (Wien-Linz-Salzburg-Freilassing), welche dem staatlichen Platzhirschen ÖBB Konkurrenz macht. Und Konkurrenz belebt ja das Geschäft heißt es - ich kann nur sagen, seither merkt man als Kunde schon, daß zumindest ein kleiner Ruck durch die ÖBB gegangen ist und die Durchsagen der Schaffner etwas freundlicher und persönlicher geworden sind, die Kunden mit (zwar tw. fragwürdigen) Preiszuckerl umgarnt wurden und plötzlich WLAN im Railjet angekündigt und in den ÖBB-Loungen auch umgesetzt wurden.

Lange schon fühle ich mich als Rufer in der Wüste wenn ich laufend anrege, den Kunden mehr Luxus auf Schienen anzubieten, ihnen mit der Bahnfahrt einen Mehrwert gegenüber einer Autofahrt anzubieten. Bspw. durch adäquate Arbeitsmöglichkeiten, Entspannungsmöglichkeiten durch ergonomische und bequeme Sitze, Bewirtung in modernen Vollspeisewägen etc. Vor allem muß die Qualität durchgängig in der ganzen Transportkette angeboten werden, was eine Führung aller Züge mit 1. Klasse (wie in Deutschland oder der Schweiz usus) voraussetzt.

Die neuen Ferrarizüge mit dem Namen Italo verkehren vorerst nur auf den inneritalienischen Hochgeschwindigkeitsstrecken als luxuriöseres aber tw. auch günstigeres Konkurrenzprodukt zur italienischen Staatsbahn Trenitalia. Diese führt ihre "Rapido-Züge" unter der Dachmarke "Eurostar Italia" sowie geschwindigkeitsmässig gestaffelt mit den Markenbezeichnungen "Frecciarossa" ("Roter Pfeil" für Triebzüge der Baureihe ETR 500, Höchstgeschwindigkeit 300 km/h) und "Frecciargento" ("Silberpfeil" für die Triebzüge der Baureihe ETR 600, Höchstgeschwindigkeit 250 km/h).

Hinsichtlich Höchstgeschwindigkeit hat der Italo die Nase vorne, 360 km/h läuft der Ferrari auf Schienen oder genauer gesagt könnte er laufen, denn die Sicherungseinrichtungen auf den italienischen Strecken sind nur bis 300 km/h ausgelegt.

Der "Schienen-Ferrari" Italo bietet eine edle und elegante Inneneinrichtung sowie Panoramafenster, die zum Delektieren an der Landschaft einladen - oder auch hier korrekterweise der Konjunktiv - einladen würden, denn die Hochgeschwindigkeitsstrecken laufen ja gerne mal als U-Bahn durch die Lande, Tunnel folgt auf Tunnel, ein wahrer Glücksfall für die Bauwirtschaft. Die Fahrgäste können unter 3 verschiedenen Klassen wählen, exquisit dabei der Clubbereich mit 19 Plätzen und eigenem Steward. Ja sogar ein Kinowagen mit 39 Plätzen ist in den Italo eingereiht  - wehmütig denke ich zurück, als die ÖBB ihren Fahrgästen auch noch Qualität anboten und ich einst von Wien nach Salzburg im "Ex Tirolerland" den Kinowagen besuchte.

Das Interesse der Kunden am neuen "nachhaltigen" Ferrari auf Schienen ist groß - in der Zeitung "Die Presse" vom 25. Mai ist auf Seite 36 zu lesen: "Ferrari-Zug ist erfolgreich. Erste Bilanz: Der neue private Hochgeschwindigkeitszug "Italo" hat in seinen ersten 4 Wochen zwischen Mailand und Neapel 50.000 Menschen befördert. 50.000 weitere Tickets sind bereits verkauft". Für die Strecke Mailand - Rom, immerhin 583 Kilometer, braucht der neue Superzug nur mehr 3 Stunden und 11 Minuten. Bis 2014 rechnet man beim Betreiber NTV (Nuovo Trasporto Viaggiatori, Präsident L.di Montezemolo) mit einem Marktanteil von 20 bis 25 Prozent. Danach scheinen Montezemolos Visionen von einer durchgehenden Verbindung mit dem Italo nach München und Wien durchaus im Bereich des Möglichen und stellen nach der Blockadepolitik der Trenitalia im grenzüberschreitenden Verkehr einen Lichtstreif am Horizont dar.

     

Neues Logo: Springender Hase von Ferrari, traditionell das Ferrari-Pferd

Österreich: Es bleibt zu hoffen, daß man auch in Österreich (wieder) behirnt, daß nur durch ein exzellentes Angebot was Qualität betrifft neue kaufkräftige Schichten angesprochen werden können und mit diesen Multiplikatoren (wie Generaldirektoren, Managern, Personen des öffentlichen Lebens etc.) gemeinsam das Image der Bahn verbessert werden kann. Bahnfahren muß "in", muß "hipp" werden und das kann ich keinesfalls damit, daß die ÖBB abseits der Hauptstrecken nur 2. Klasse anbietet und die "unter dem Hund" ist - man fahre nur einmal mit einem Talenttriebwagen (eigentlich eine S-Bahn-Garnitur) die Strecke Linz-Selzthal oder Salzburg - Saalfelden, da kann man dann nur sagen "Nein Danke"!

Link:

www.italotreno.it

www.ntvspa.it

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Bericht von: Dr. Michael Populorum, Chefredakteur DEEF;  Erstmals online publiziert: 12. Mai 2012; Ergänzungen: :

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